Das "Lager 65"
von Bruno Walter
Dieses Lager war für viele von uns eine zweite Heimat über eineinhalb Jahrzehnte. Zu seinem Namen kam es durch den Zusammenschluss der Lager 51, 52 und 53. Es war eingebettet zwischen der Irrenanstalt Niedernhart und dem Hummelhofwald. Eine genaue Zeitangabe, wann es erbaut wurde, war in keinem Archiv zu finden. Am wahrscheinlichsten ist die Zeit während des 2. Weltkrieges. Der Zweck war die Unterbringung der Arbeiter, Kriegsgefangene aus mehreren Ländern, die in der Rüstungsindustrie (H. Göringwerke) und beim Autobahnbau eingesetzt wurden. Alle Lager waren Massenquartiere. Im Lager gab es ca. 47/48 Baracken, die meisten aus Holz und nur wenige aus Stein erbaut. Eine Baracke war ca. 40 m lang und 8 m breit. Im Jahre 1945 zählte man 1.766 Betten.
Gleich nach Kriegsende drangen die Alliierten darauf, diese Fremdarbeiter (Naziopfer) nach Hause zu schicken. Ein weiterer Druck kam von den Gemeinden, Heimatvertriebene in frei werdenden Barackenlagern unterzubringen. In Oberösterreich gab es insgesamt 600.000 Flüchtlinge, davon 45.433 in Linz. Von diesen waren 290.000 DP's (Displaced Persons) und davon 14.828 in Linz, davon 13.605 Volksdeutsche, von denen 6.537 aus dem ehemaligen Jugoslawien stammten. DP's waren nicht gleich DP's. Die vertriebenen Volksdeutschen, die „Ex-enemies“ (ehemalige Feinde) wurden auf administrativer Ebene separiert behandelt. So durfte sich weder die UNRA oder später die IRO um die Heimatvertriebenen kümmern. So waren die Bedingungen in den Lagern der Volksdeutschen wesentlich schlechter als in den von der UNRA verwalteten Lagern für die „Alliierten DP's“. Auf die trostlose Lage machte auch ein Bericht des Magistrates Linz aufmerksam: Die Baracken sind überfüllt, die Menschen leben auf engstem Raum (oft sieben Familien in einer Wohnung, die später von einer vierköpfigen Familie bewohnt wurde), die hygienischen Bedingungen sind katastrophal. Die städtische Küche kann die Flüchtlinge nur unzureichend versorgen. Es gab für die Menschen zweimal täglich ein Teller Suppe und ein Stück Brot. Es drohten Epidemien. Ein großes Problem waren die kleinen roten Tierchen, genannt Wanzen.
1946 gab es ein großes Küchengebäude, einen Riesensaal (Tanzsaal) für Versammlungen und später für Veranstaltungen, eine katholische Barackenkirche, eine Schule und einen Sportplatz (errichtet von verantwortungsvollen Lagerbewohnern), etwas später kam eine evangelische Kirchengemeinde und der Kindergarten dazu.
Den alten Pioniergeist hatten die Volksdeutschen in die neue Heimat mitgenommen. Mit ungebrochenem Willen zur Eigeninitiative begannen Bewohner sich auf ihre Professionen zu besinnen und kleine Gewerbebetriebe zu gründen. Bald gab es Schuster, Schneider, Maler, Frisöre, einen Fotografen und sogar einen Uhrmacher. Die Bevölkerungszahl stieg 1948/49 auf 2.900 Personen an.
Das größte Problem war die Beschaffung von Heizmaterial. Die Baracken waren im Sommer heiß und im Winter sehr kalt. Aus altem Blech wurden sogenannte „Kanonenrohröfen“ gebastelt, die die Kälte etwas mindern sollten. Heizmaterial wurde „organisiert“, oder von Baustellen mitgenommen. Anfänglich durften die Lagerbewohner außerhalb des Lagers nicht in ihren Berufen arbeiten, sondern vertraten die in ihre Heimat zurückgekehrten „Fremdarbeiter“ in den ehemaligen H. Göringwerken, dem Stickstoffwerk und in der Bauindustrie. Vor allem diese boomte, da der Wiederaufbau stark forciert wurde. Überall waren die Volksdeutschen äußerst begehrte Mitarbeiter.
Heute wird ganz offen von österreichischer Seite zugegeben, dass der Wiederaufbau ohne die Volksdeutschen in dieser Schnelligkeit und Güte kaum möglich gewesen wäre. Die hygienischen und sanitären Einrichtungen waren aus heutiger Sicht katastrophal. Es gab im Lager verteilt einige „Brunnen“, wo man sich das Wasser holen konnte. Ebenso verhielt es sich mit den sanitären Anlagen. In den WC's gab es selten abgeschlossene Kabinen, die Durchlüftung war nicht einmal das Wort wert, und Heizung im Winter war ein nicht gekannter Luxus. Daher waren im Winter die „Sitzungen“ eher sehr kurz. Oft war auch der Weg zu diesen Anlagen gute 100 m weit. Im Winter kann sich der Verfasser an einige 100 m Sprints barfuß im Schnee zu einem dringend benötigten „Ort“ erinnern. Doch bald gab es eine komplette Infrastruktur im Lager: Zum Tanzsaal gehörte natürlich eine Kantine und bald danach gab es deren sogar zwei. In zwei Lebensmittelgeschäften konnte fast alles gekauft werden. Für Kurzwaren und Schul- und Schreibartikel war der „Zimmerhackl“ zuständig. Auch das Gesicht des Lagers veränderte sich zusehends, da viele Bewohner eigene Gärten anlegten, wo sie Gemüse und Blumen anbauten. Blumenschmuck nach alter Tradition verschönerte unsere kleine Welt. Jahre danach wurde eine „Badeanstalt“ errichtet, wo samstags geduscht werden konnte, natürlich nach Männlein und Weiblein getrennt. Dass dies auch strikt eingehalten wurde, sorgte „Zerberus“ Imre-Vetter. Kaum jemand von den heute noch lebenden ehemaligen Lagerbewohnern weiß seinen richtigen Namen. Habe lange danach geforscht, er sei hier verraten: Emerich Herzeg.
Schnell hatte man erkannt, wie wichtig es ist, Kindern und Jugendlichen Perspektiven zu geben. Sehr rasch wurde ein Schulbetrieb ins Leben gerufen. Dass die Schule Qualität besaß, zeugen viele Abgänger, aus denen etwas geworden ist. Auch haben nicht wenige Lehrer später im österreichischen Schulwesen Karriere gemacht. Der schon oben erwähnte Sportplatz wurde in mühevoller Arbeit und viel Schweiß, ohne finanzielle Mittel gebaut. Im Nu wurde ein Sportverein gegründet, mit den Sektionen Fußball, Handball (Männer und Frauen), Tischtennis, Schach. Ein Sportplatz, auf dem später der für unschlagbar geltende ATSV Linz vom „Lagerverein“ Union Edelweiß in einem legendären Spiel (5.000 Zuschauer) 11 : 9 geschlagen wurde! Viele Fußballer aus dem Lager waren später bei renomierten österreichischen Vereinen tätig. Es gab eine Laiendarstellergruppe, genauso wie einen Chor. Mehrere Musikkapellen umrahmten jedes Fest, das von unserem Lagerfotografen für die Ewigkeit dokumentiert wurde. Dass unser kath. Pfarrer, der leider schon verstorben ist, Seelsorge viel weiter gespannt verstand, zeigt die Tatsache, dass es ihm zu verdanken ist, dass der Sportverein Union Edelweiß in die OÖ. Dachorganisation eingegliedert wurde.
Ob im Sport oder in der Musik und den kirchlichen Angeboten waren Menschen tätig, die große Vorbildfunktionen für Kinder und Jugendliche leisteten.
Auch von der Leitung des Lagers gilt es einen Namen zu erwähnen, der sehr, sehr viel getan hat, uns das Leben so angenehm wie nur möglich zu machen: Franz Entmayer.
Viele Menschen kamen von „auswärts“ zu unseren Tanz- und Show-Veranstaltungen und waren von diesen begeistert, so dass sie immer wieder diese besuchten.
Schnell hatte man erkannt, wie wichtig es ist, Kindern und Jugendlichen Perspektiven zu geben. Sehr rasch wurde ein Schulbetrieb ins Leben gerufen. Dass die Schule Qualität besaß, zeugen viele Abgänger, aus denen etwas geworden ist. Auch haben nicht wenige Lehrer später im österreichischen Schulwesen Karriere gemacht. Der schon oben erwähnte Sportplatz wurde in mühevoller Arbeit und viel Schweiß, ohne finanzielle Mittel gebaut. Im Nu wurde ein Sportverein gegründet, mit den Sektionen Fußball, Handball (Männer und Frauen), Tischtennis, Schach. Ein Sportplatz, auf dem später der für unschlagbar geltende ATSV Linz vom „Lagerverein“ Union Edelweiß in einem legendären Spiel (5.000 Zuschauer) 11 : 9 geschlagen wurde! Viele Fußballer aus dem Lager waren später bei renomierten österreichischen Vereinen tätig. Es gab eine Laiendarstellergruppe, genauso wie einen Chor. Mehrere Musikkapellen umrahmten jedes Fest, das von unserem Lagerfotografen für die Ewigkeit dokumentiert wurde. Dass unser kath. Pfarrer, der leider schon verstorben ist, Seelsorge viel weiter gespannt verstand, zeigt die Tatsache, dass es ihm zu verdanken ist, dass der Sportverein Union Edelweiß in die OÖ. Dachorganisation eingegliedert wurde.
Ob im Sport oder in der Musik und den kirchlichen Angeboten waren Menschen tätig, die große Vorbildfunktionen für Kinder und Jugendliche leisteten.
Auch von der Leitung des Lagers gilt es einen Namen zu erwähnen, der sehr, sehr viel getan hat, uns das Leben so angenehm wie nur möglich zu machen: Franz Entmayer.
Viele Menschen kamen von „auswärts“ zu unseren Tanz- und Show-Veranstaltungen und waren von diesen begeistert, so dass sie immer wieder diese besuchten.
Ich kenne niemanden, der nicht in den Satz einstimmt: Es war eine harte, aber wunderschöne Zeit in unserem Leben, die keiner missen möchte!
Alles, was noch übrig ist aus dieser Zeit, ist die Mariengrotte. Die ursprüngliche wurde zwar stehen gelassen, ist aber beim Bau der Autobahn zerstört worden und erst nach hartnäckigem Bemühen einiger ehemaliger Lagerbewohner hier an dieser Stelle neu aufgebaut worden, wo jedes Jahr „die Maiandacht“ gefeiert wird.
Einer, der dieses so schöne Fest durch sein Bemühen ermöglicht, ist unser Wendelin Wesinger! Ihm sei dafür ganz herzlich gedankt!