Erinnerungen an die Schulzeit

Nach Erzählungen von Elisabeth Kyri (geboren 1930, sie lebt heute in Teisendorf/Bayern) und Hildegard Dreher (geboren 1929, sie wohnt in Wels/OÖ) beide aus Grosssanktnikolaus (rumän. Banat), die miteinander in die Schule gegangen sind und sich immer wieder zu den Festen im Jahreskreis treffen, kann aufgezeigt werden, welche Handarbeitstechniken im Kindergarten, in der Volksschule von Schwester Bonfilia (genannt: Bonfi-Neni) und im Gymnasium den Mädchen beigebracht wurde:

 

Kindergarten

Im letzten Kindergartenjahr wurden Deckchen mit einfachem Kreuzstich ausgeführt, die Muster waren vorgedruckt. Von den Kindern wurde nur der
Kreuzstich gestickt, die Bogenkanten wurden von den Schwestern in Schlingstich
vollendet.

 

Volksschule

 1. Klasse:

  • Arbeiten mit der Strickliesl,
  • Grundtechniken des Häkelns: Luftmaschen, feste Maschen, Stäbchen, runde Deckchen entstanden
  • Stickerei: Deckchen mit figürlichen, kindlichen Motiven in Stielstich
  • Kreuzsticharbeiten: Deckchen mit Bogenkanten, Kastenstreifen

 

2. Klasse:

  • Häkelarbeiten: in Stäbchenhäkelei wurde ein Beutel(Satschko) für die Jause gehäkelt,
  • Stielsticharbeiten: Kastenstreifen

 

3. Klasse:

  • Stricken: ein Seelenwärmer (ca. 35 Maschen mit 3er Nadeln) das ist ein langer Schal, der um die Brust gewickelt, am Rücken überkreuzt und vorne über der Brust mit Knöpfen befestigt wurde
  • Fäustlinge

 

4. Klasse:

  • Ajourstich,
  • das erste Kleidungsstück: ein Unterhemd, das händisch mit einfachem Steppstich zusammengenäht wurde (ein gerades Stoffstück wurde in Hüfthöhe von der Seite her ein Stück eingeschnitten, dann der untere Teil in Falten gelegt, sodass ein weiter Rockteil entstand. Am oberen Rand wurde es mit Hohlsaum in Ajourstich und Monogramm in Plattstich verziert.)
  • Stricken: Handschuhe

 

5. bis 7. Klasse:

  • Weißstickerei: Ajourstich, Sparstich, Lochstickerei, Schlingarbeiten

 

Diese verschiedenen Sticktechniken wurden später bei der Herstellung der Aussteuer angewandt.

 

Deutsches Gymnasium

Manche der Schülerinnen wechselten nach der 4. Klasse Volksschule in das deutsche Gymnasium, das ebenfalls von den Armen Schulschwestern geführt wurde. Im Handarbeitsunterricht wurden hier bereits kompliziertere und aufwändigere Arbeiten gelehrt.

 

Dazu gehörten:

 

  • Netzarbeiten: Deckchen
  • Brügger Häkelei: Deckchen, Bluseneinsätze, Kleiderkrägen und Manschetten
  • Gobelinarbeiten: gröbere und feinere Arbeiten (Petit Point) wie Theatertäschchen, Bilder und Polster
  • Kelimarbeiten: Tischläufer und Decken, Polster
  • Kunststricken: Deckchen, Tischtücher, Kleidergarnituren

 

Das Schuljahr 1943/44 bedeutete für beiden Frauen das Ende ihrer Ausbildung, denn der Unterricht fand durch die politischen Umwälzungen nur mehr sporadisch statt. Im September begannen die Kampfhandlungen und die Schülerinnen und ihre Familien mussten flüchten.

Die Aufzählung wurde aus der Erinnerung gemacht, gegenseitig ergänzt und wird nicht ganz vollständig sein. Es soll hier festgehalten werden, dass Frau Elisabeth Kyri der „Handarbeit“ treu geblieben ist (nach der Rückkehr in die alte Heimat im Jahre 1945 machte sie eine Schneiderlehre und arbeitete zu Hause in ihrem Beruf). Frau Hildegard Dreher war schon immer der Handarbeit verbunden (die Großeltern hatten eine Färberei und machten die Vordrucke für Richelieuarbeiten und andere Techniken). Sie blieb in Österreich und hatte durch das Schneidern von Kleidung, Wäsche, herstellen von „schöner Handarbeit“ und durch das Teppichknüpfen einen kleinen Nebenverdienst in der Nachkriegszeit. Durch ihre tiefe Verbundenheit mit ihrer alten Heimat und die alljährlichen Besuche im Sommer bei den zahlreichen Verwandten im Banat konnte sie viele Erinnerungsstücke mitbringen. Viele dieser Handarbeiten stammen aus dem Besitz ihrer Familie, die während der Vertreibung von daheimgebliebenen Verwandten gerettet wurden und dadurch erhalten geblieben sind. Dank ihrer Sammelleidenschaft sind Handarbeiten aus anderen Familien und Gebieten (vorwiegend rumän. Banat) hier zu sehen.