11. November - St. Martinstag:

"St. Martinstag" Nach Allerheiligen pflegte sich in manchen Jahren der Winter bald einzustellen. "Martini kommt mit'm Schimmel gritt'e" sagte man und meinte, es könne am 11. November, dem St. Martinstag, durchaus schon schneien.

25. November - Kathrein:

"Zu Kathrein (25.) sperrt mr die Musich (Musik) ein"; nachher gab es nämlich bis zum zweiten Weihnachtstag keine Tanzmusik mehr.

Beginn des Kirchenjahres war am letzten Sonntag im November.

4. Dezember - Hl. Barbara:

Am Tag der heiligen Barbara wurde rechtzeitig an das Weihnachtsnachtlicht gedacht. Ein Teller mit einem Glas, rundum kamen Weizenkörner, die man durch benetzen mit Wasser zum Keimen brachte. Bis Weihnachten wurde das Glas von einer grünen Halmwand umwachsen, die man mit einem Seidenband zusammenhielt und mit der Schere auf die gewünschte Höhe zurück schnitt. Das Glas füllte man halbvoll mit Wasser und halbvoll mit Öl, darauf setzte man eine Korkvorrichtung mit Docht, den man am Heiligen Abend und zu den Weihnachtsfeiertagen anzündete. Das anheimelnde Licht unter dem Christbaum verlieh der Stube einen besonders weihnachtlichen Reiz

6. Dezember - Hl. Nikolaus:

Am Fest des heiligen Nikolaus stellten die Kinder ihre schön geputzten Schuhe vor die Tür, wo der Nikolaus seine süßen Gaben hineinlegte.

24. Dezember - Weihnachten:

Am Heiligen Abend kam das Christkindl, die Kinder zu bescheren, zu ermahnen und notfalls auch zu bestrafen. Damals hatte das Christkind viele Funktionen auf einmal zu erfüllen. Darum sahen die Kinder seinem seit Wochen angekündigten Kommen mit Erwartung, aber auch mit einer gewissen Beklemmung und Angst entgegen. Natürlich beschäftigte sie die Frage, was denn das Christkind bringen werde, schon Wochen vorher.

Beim Betrachten des Abendrots in der Adventszeit pflegten die Eltern den Kindern zu erklären, dass dies der Widerschein des himmlischen Ofens sei, in dem das Christkind schon den Kuchen für die braven Kinder backe. Das Christkind selbst steige am Heiligen Abend auf einer langen Leiter vom Himmel zur Erde nieder.

Eine, ganz in weiß gehüllte Gestalt, also das Chriskind, kam am frühen Abend und kündigte sich draußen mit einem Glöcklein an und fragte mit verstellter Stimme: "Darf's Christkindl rein kommen? Die Eltern sagten. "Ja Christkindl, komm nur herein" Es fragte nun, ob die Kinder auch brav gewesen waren. natürlich antworteten diese darauf mit "Ja". Aber die Eltern wussten dem Christkind oft Dinge zu erzählen, die man weniger gerne hörte. Darauf gab es vom Christkind Lob, Ermahnungen, unter Umständen gar einige Streiche mit einer Rute, die das Christkind damals halt auch mit sich führte. Danach kam die Frage: "Können die Kinder auch beten?" Die Kinder knieten andächtig nieder und beteten laut das "Vater unser" und sonstige Kindergebete. Dafür wurden sie vom Christkind gebührend gelobt und es brachte schließlich den sehnsüchtig erwarteten, geschmückten Christbaum  und stellte ihn in die Stube auf den Tisch. Zuletzt leerte es aus seinem Sack, den ihm hilfreiche Hände aus der Küche zureichten, Äpfel, Nüsse und Feigen auf den Fußboden, die die Kinder nun zusammenrafften. Manchmal wurde das Christkind, vor allem dort, wo es schlimme Kinder gab, vom "Belzebub" begleitet, einer Gestalt, die aus früheren Zeiten überliefert war. Gewöhnlich betrat er die Stube nicht, sondern rumorte mit einer Kette gar grausig vor dem Fenster oder in der Küche.

Der 24. Dezember war ein strenger Fasttag, also gab es nur leichte Speisen, vor allem aber Nüsse, in Honig getaucht und Strudel zu essen. Erst nach der Christmette durften Fleischspeisen gegessen werden. Die Mitternachtsmette wurde von der ganzen Familie besucht, es war so feierlich und ergreifend, wenn die schönen vertrauten Weihnachtslieder, die Kirche so prächtig erleuchtet und mit so viel gläubigen Menschen gefüllt war, wie man sie das ganze Jahr nicht erlebte.

Die Stimmung wurde natürlich noch erhöht, wenn am Heimweg, was nicht selten der Fall war, leise der Schnee vom Himmel rieselte und das ganze Dorf in eine weiße Decke hüllte.

Die Bauern schauten, bevor sie sich zum Schlafen legten, nochmals in den Stall. Noch lebte der Volksglaube, dass in der heiligen Nacht die "Trutte" (Druden) recht rührig sind und sich in den Ställen herumtrieben. Um diesen nicht ungefährlichen Unfug zu verhindern, pflegte man die Besen im ganzen Haus mit dem Stiel nach unten und der Kehrseite nach oben aufzustellen; "letz rum" sagte man, so konnte man den bösen Geistern und sonstigem bösem Gezücht den Eintritt verwehren.

28. Dezember - Tag der unschuldigen Kinder:

Am Tag der unschuldigen Kinder war es Brauch, sich mit einer Rute leichte Hiebe, mit dem Ausspruch: "Frisch und g'sund, frisch und g'sund, s'andri Jahr wieder g'sund" zuzufügen. Dabei gab es für die Kleinen "bare Münze".

31. Dezember - Silvester:

Am Silvestertag fand abends ein Dankgottesdienst statt, in dem der Pfarrer bekannt gab, wie viele Geburten, Hochzeiten und Todesfälle im abgelaufenen Jahr zu verzeichnen waren.

1. Jänner - Neujahr:

Am Neujahrstag pflegten die Kinder das Neujahr anzuwünschen. Es wurde nach Möglichkeit die ganze nähere Verwandtschaft aufgesucht, den Anfang machte man bei Godl und Göd, wo die Wünsche freundlich aufgenommen und mit Geldmünzen bedankt wurden.

 

6. Jänner - Hl. Dreikönig

Am Vorabend zum Heilig Dreikönigstag wurde im Vespergottesdienst das Weihwasser geweiht. Dazu hatte man ein großes offenes Fass mit Wasser aufgestellt, aus dem nach der Weihe die Gläubigen das Weihwasser in kleineren Kannen und Flaschen zu etwa 1 l mit nach Haus nahmen, wo es für das ganze Jahr aufbewahrt wurde. Davon wurden vor allem die Sprengkesselchen ständig nachgefüllt, die in fast allen Häusern in Griffhöhe neben der Eingangstür in die Wohnstube hingen.

Wenn jemand krank zu Bett lag, benetzten die Besucher die Fingerspitzen damit und machten eine bespregende Bewegung über den Kranken, um eine baldige Genesung und Gottes Hilfe zu erbitten. Auch für allfällige Todesfälle sollte man mit genügend Weihwasser versorgt sein.

In das Hochamt des Heilig Dreikönigstages wurden in einem Taschentuch eingebunden ein Stückchen Brot, etwas Salz, drei Knoblauchzehen, Kreide und Weihrauch mitgenommen. Dies wurde in der Kirche geweiht. Von dem geweihten Brot aß man zu Hause einige Krumen und gab davon auch dem Vieh.

Vor oder nach dem Mittagessen nahm in der Regel der Hausherr auf einer Kehrschaufel Glut aus dem Herd, worauf  man den geweihten Weihrauch streute und ging damit durch alle Räume des Hauses und durch den Stall.

Danach wurde unter dem oberen Rand der Haustür mit der geweihten Kreide die Anfangsbuchstaben der Heiligen Drei Könige und die Jahreszahl geschrieben. 19 + K + M + B 39. Dies blieb bis zum 6.1. des nächsten Jahres so.

Ebenso wurden am 6. Jänner in jedem Haus Krapfen gebacken. In drei – in ärmeren Häusern auch nur in einen – wurden Münzen verschiedenen Wertes gegeben. Wer den Krapfen mit der größten Münze erwischte, war der König. Natürlich achtete die Mutter, dass die entsprechenden Krapfen von den Kindern erwischt wurden. Welche Freude für die Kinder.

20. Jänner - Fabian und Sebastian

"Fabian und Sebastian" Auch an diesem Tag war es üblich, Krapfen zu backen. Einen davon warf man über das Hausdach, damit es in diesem Jahr nicht von einem heftigen Sturm fortgetragen werde.

2. Feber - Maria Lichtmess

"Maria Lichtmess" Zum Hochamt fand die Kerzenweihe statt. Auch geweihte Kerzen sollte man für Notfälle im Hause haben, vor allem bei Sterbefällen. Man zündete sie auch an, wenn sich ein Gewitter über dem Ort zusammenzog, im Glauben, dadurch Blitzschläge und Hagelschäden abwenden zu können.

An diesem Tag pflegte man auch zu sagen "Spinne vergeß – am Tag Nacht geß", um damit anzudeuten, dass die Tage des Winters gezählt sind. Wenn am 2. Februar der Dachs seinen Schatten sah, also wenn die Sonne scheine, so ziehe er sich nochmals für 4 Wochen um zu schlafen in seine Höhle zurück. Scheine die Sonne aber nicht, bleibe er wach, denn der Winter sei im wesentlichen vorüber.

 

3. Feber - Blasius-Tag

"Blasius Tag" Am Tag des Hl. Blasius ging, wer immer nur konnte, vor allem die Kinder zur Messe, nach der die Halsweihe gegeben wurde. Sie sollte gegen Halsschmerzen schützen.

 

4. Feber - Mathias-Tag

"Mathias Tag" Auch dieser Tag galt als Lostag. "Mathias brech's Eis "Hast kein's, so mach ein's" hieß es. Der Februar  sollte also noch recht frostig sein, sonst befürchtete man, dass der Frost im März nochmals kommt.

Fasching:

Zu Fasching (Faschingdienstag) wollten alle noch mal recht lustig sein. Wenn die Jugend und die Verheirateten in einem Saal tanzten, ergab es sich, dass schon um 4 Uhr nachmittags die Burschen und Mädchen und die stets zuschaulustigen Frauen und Mütter im Tanzsaal versammelt waren und dann ging's los.

Damit die Frauen nicht nur das Vergnügen des Zuschauens und der Unterhaltung über das Gesehene hatten, wurden jeweils drei "Weibertänze" eingelegt. Die Burschen waren bei diesen Tänzen verpflichtet, verheiratete Frauen aus der Verwandtschaft zum Tanz zu holen. Bis es dann zu Mitternacht traurig hieß "Aschermittwoch, hätt ich mei Geld noch!"

Zu Fasching sollte keine Frau eine Nadel in die Hand nehmen, widrigenfalls würden die Hühner keine Eier legen. 

 

Natürlich wurde zu Fasching gut gekocht und gebacken, meist in Fett gebackene Mehlspeisen:

"Verhudeltes Roßgschirr" = Zimtkrapfen und Faschingskrapfen.

Dafür gab es zu Aschermittwoch ein Fastengericht. Während der Fastenzeit fanden keine Tanzveranstaltungen und sonstige Unterhaltungen statt. Im Allgemeinen wurde auch in dieser Zeit nur der Freitag als Fasttag gehalten, an dem man kein Fleisch aß. Im März konnte sich der Frühling schon kräftig ankündigen, sodass die Frauen schon in der zweiten Monatshälfte begannen, anzugärteln.

17. März - Gertraud:

"Gertraud" (Lostag) "Gertraud, so sagte man, ist die erste Summerbraut".

21. März - Benedik:

"Benedik" (Lostag) "Benedik, so sagte man, macht die Zwiefel (Zwiebel) dick".

Palmsonntag:

Das Hochamt wurde mit der Palmweihe eingeleitet. Alle Kirchgänger, vor allem die Kinder, kamen mit einem Büschel "Palmen" in die Kirche. Dazu dienten Weidenruten, die zu der Zeit Kätzchen ausgetrieben hatten. Die Honoratioren, vor allem die Kirchenväter erhielten vom Pfarrer einen besonders langen Palmzweig. Dann zog die Prozession einmal um die Kirche.

Zu Hause wurden die geweihten Palmen hinter einen Hängespiegel oder ein Heiligenbild gesteckt uns so aufbewahrt. Es war auch üblich, ein Weidenkätzchen mit einem Schluck Wasser zu schlucken – so man das konnte – damit man von Halsweh verschont bliebe. Auch dem Vieh mischte man etwas unter das Futter, damit es gesund bleibe. Wenn sich im Sommer ein Gewitter über dem Dorf entlud und man hatte Feuer im Herd, warf man einige trockene Palmruten hinein und bat den Herrgott um Verschonung.

 

Gründonnerstag:

Wenn am Gründonnerstag in der Messe das Gloria angestimmt wurde, läuteten alle Glocken vom Kirchturm, dann aber flogen sie fort, im Volksmund hieß es, sie fliegen nach Rom. 

 

Das Läute ersetzten nun für zwei Tage die "Rätscher". Die Ministranten liefen zu den Zeiten, zu denen sonst die Glocken läuteten, durch die Gassen des Ortes und leierten in singendem Ton ihre Sprüchlein herunter. 

 

Morgens zur Betzeit hieß es: "Wir rätschen den Englischen Gruß: Ave Maria, ave Maria!" Mittags: "Wir rätschen zwölf Uhr, zwölf Uhr!" Abends jedoch: "Wir rätschen den Englischen Gruß, dass ein jeder Christ weiß, was er beten muss. Fallet nieder auf eure Knie und betet drei Vater unser und drei Ave Marie, Ave Marie!" Die Einladung zum Gottesdienst hieß: "Wir rätschen zum erstem (zweiten) Mal zur Kirche!" Beim Zusammenläuten rätschten alle Ministranten zugleich, das hieß, die Messe beginnt.

Traditionell gab es am Gründonnerstag Spinat und Spiegelei zum Mittagessen.

Karfreitag:

Der Karfreitag galt als strenger Fasttag, daran hielten sich in der Regel alle.

In den meisten Häusern wurde an diesem Tag kein Feuer im Herd angezündet, also überhaupt nichts gekocht. Den ärgsten Hunger stillte man sich durch den "Platschkukurutz" (Popkorn), welcher im Hof über kleinem Feuer in einem Drahtsieb solange geschüttelt wurde, bis er zu platzen anfing. Damit die aufgeplatzten blütenweißen Körner nicht in alle Richtungen davon flogen, hielt meist ein junges Mädchen einen neuen Stubenbesen über das Sieb.

 

Karsamstag:

Am späten Nachmittag des Karsamstag versammelte sich das ganze Dorf zur Auferstehungsprozession, die sehr feierlich und ergreifend war. In den Fenstern der Häuser, an denen die Prozession vorbeizog, standen angezündete Kerzen und Heiligenbilder. Das Ende des Auferstehungsumzuges war gegen 20 Uhr. 

 

Wenn man nach der glanzvollen Auferstehung heim kam, stimmte mancher Hausherr mit wohlklingender Stimme die Aufforderung an die Köchin an: "Alleluja is' vorbei, Gredl (Gretel) bring den Schunge (Schinken) rei!"- worauf die rührige Hausfrau den gekochten kalten Schinken mit Kren und Weißbrot servierte.

 

Ostern:

Das Osterfest bestand wieder im Kirchgang, wo aber zuvor von den Kindern die versteckten Osternester gesucht wurden. Meist gab es gefärbte Eier und bunte Zuckerostereier sowie für die Burschen bunte Murmeln (Kliches) und für die Mädchen meist einen neuen Ball.

Am zweiten Ostertag fuhren die Bauern mit dem Pferdewagen übers Land, um nach zu sehen, wie das Getreide steht. Also eine Emaus-Fahrt.

1. April:

An diesem Tag war es der Brauch, den Versuch zu unternehmen, an diesem Tag jemand "in den April zu schicken". Gelang dies, so freute man sich und nannte den Gefoppten "Aprilnarr".

25. April - Markustag

"Fruchtweihe und Bittage:

" Am "Markustag" fand alljährlich die "Fruchtweihe" – Prozession zu einem Feldkreuz statt.

Die drei Tage vor dem Fest "Christi Himmelfahrt" nannte man Bitttage und zog nach der Messe jeweils zu einem anderen Hotterkreuz (Feldkreuz), wo Weizen angesät war. Jeder Prozessionsteilnehmer nahm eine Handvoll mit nach Hause. Das geweihte Grün wurde dem Vieh gegeben und sollte es vor Krankheit schützen.

1. Mai:

Am Abend vor dem 1. Mai steckten die Kinder Hollerzweige in die Ritzen des Haustores, in Schlüssellöcher der Haustüren und in die Fenster. Diese sollten den "Trutten" (Druden) den Zutritt ins Haus verwehren. Dieser Brauch geht offenbar noch auf den uralten Glauben zurück, dass es die Hexen in dieser Walpurgisnacht besonders umtrieb.

Wenn der 1. Mai auf einen Wochentag fiel, schrieben wir Kinder gerne auf die große schwarze Schiefertafel im Klassenzimmer mit Kreide: Heute ist der 1. Mai, alle Klassen haben frei, nur die Vierte (wenn man gerade die Vierte besuchte) muss studieren" und wollten uns so einen weniger anstrengenden Schultag erheischen.

Am 1. Mai versuchte man auch, den lieben Nächsten zu irgend einem unsinnigen Tun zu bewegen. Gelang es, hieß es: "Am 1. Mai schickt mr n Esel hindr's Hai (Heu)".

Fronleichnam:

Am Fronleichnamstag waren im Ortskern 4 Stationen aufgebaut und mit Blumenschmuck verziert als Altäre für die Prozession.

Beiderseits der Straße, wo die Kapelle stand wurden Lindenäste in den Boden gesteckt. Fast die ganze katholische Bevölkerung war an diesem Tag vor der Kirche versammelt, nach dem Hochamt zog die Prozession zu den Kapellen. Schulmädchen trugen kleine Körbchen, in denen Blumenblätter waren, die sie vor dem "getragenen Himmel" auf den Boden streuten. Frauen und erwachsene Mädchen trugen selbstgeflochtene Blumenkränze aus Kornblumen in der Hand. diese wurden aufbewahrt, im Falle eines Todes wurde sie in den Sarg gelegt. 

 

Die "Muttergottesmädchen". Je vier von ihnen trugen abwechselnd die Muttergottes Statue auf einem Traggestell. Die Mädchen waren weiß gekleidet, mit einer hellblauen Schärpe um die Hüfte. Auf dem Haupt trugen sie einen Kranz aus weißen Blumen. Ein Zweig der geweihten Lindenäste wurde von den Gläubigen mit nach Hause genommen, wo er das ganze Jahr über aufbewahrt wurde.

1. November - Allerheiligen:

"Allerheiligen" Die Gräber der Verstorbenen das ganze Jahr über zu pflegen, gehörte zu den vielen ungeschriebenen Geboten des Gemeinschaftslebens im Ort. Kaum jemand wollte sich die Schande nachsagen lassen, er vernachlässige das Familiengrab oder die Familiengruft. Es gehörte zu den üblichen Bildern, insbesondere an späten Sommernachmittagen, Frauen auf dem Friedhof bei den Grabstätten beschäftigt zu sehen.

Zu Allerheiligen allerdings wurde das Totengedenken eine Angelegenheit der ganzen Dorfgemeinschaft. Schon am Vortag wurden Kränze geflochten, meist aus "Kathreinrosen",  auch "Winterrosen" genannt (Herbstastern) und Schleierkraut, die man am späten Nachmittag auf den Friedhof brachte.

Am nächsten Tag versammelte sich das ganze Dorf auf dem Gottesacker, der einem Meer von Blumen glich. Unzählige Kerzen brannten auf den Gräbern und besonders beeindruckend war dies am Abend, wenn sich die Gemeinde vor der Kapelle zum gemeinsamen Gebet und Totengedenken zusammenfand.

Bevor man sich zum Schlafen legte, wurden in viele Häusern nochmals Kerzen angezündet und gemeinsam betete man laut für die Verstorben, damit ihnen der Herr die ewige Ruhe gebe und ihnen das ewige Licht leuchten lasse.

 

Kirchweih:

Der Kirchweihtag war ein ganz großes und besonders Fest. Strömten doch die Verwandten aus den Nachbarorten zuhauf zu den Verwandten, die gerade Kirchweih feierten. (Der Zeitpunkt an dem das Kirchweihfest gefeiert wurde war unterschiedlich, mancherorts wurde es auch erst später, im November zwischen Elisabeth 19.11. und Kathrein 25.11. gefeiert).

 

Das ganze Haus durchzogen herrliche Düfte, von dem reichlich gebackenen Kirchweihkuchen und den verschiedenen Fleischspeisen, die für die Gäste zubereitet wurden. Ein Spruch hieß: "Viel Gäste, viel Ehr".

 

Nach dem Mittagessen gingen wir Kinder zum Vergnügungspark, wo es allerlei Sehenswürdigkeiten gab. Angefangen von Dromedar, welches für uns sehr exotisch war, über vielerlei Ringelspiele, Zuckerstände, Zaubereien. Da man von den lieben Tanten und Onkel an diesem Tag jeweils ein schönes Trinkgeld bekam, konnte man sich so manchen Spaß leisten. Am besten in Erinnerung ist mir noch der Nusszucker.

 

Die jungen Leute gingen zum Tanz. Die Älteren verbrachten den Tag mit den angereisten Gästen und Verwandten. In anderen Orten feierte man diesen Tag je nach Sitte und Gebrauch so oder anders ( siehe dienachfolgende detaillierte Beschreibung der "Rudolfer Kerweih", die über mehrere Tage gefeiert wurde.

Hochzeit:

Im ländlichen Raum wurden die Ehen meistens in der Zeit zwischen Weihnachten und Fasching geschlossen. Das hatte zugleich den Vorteil, dass dann im darauffolgenden Herbst meist die ersten Geburten einsetzten, wenn alle schweren Arbeiten auf den Feldern fertig waren. So hatten die jungen Mütter Zeit, sich um ihren Nachwuchs zu kümmern und bis zum Frühjahr waren die Kleinen aus dem Gröbsten heraus, so dass die Frauen sich wieder ihren hausfraulichen Pflichten widmen konnten. 

 

Auch die weitläufige und auswärtige Verwandtschaft hatte nun Zeit, sich solchen Feierlichkeiten hinzugeben. Kam es doch nicht selten vor, dass eine große Hochzeit 3 Tage dauerte. Die Hochzeitsgäste brachten Lebensmittel ins Brauthaus, vor allem lebendes Geflügel, Butter, Fett, Zucker und Nüsse. Das Geflügel musste geschlachtet und der Kuchen gebacken werden. "Zurichten" nannte man das. Die Männer schlachteten inzwischen ein Schwein oder Kalb, allenfalls auch einige Spanferkel. Bei größeren Hochzeiten wurde auch eine "Hochzeitsköchin" verpflichtet.

(Im Farca Verlag München sind in der Reihe "Erinnerungen einer Banater Hochzeitsköchin" von Olga K Farca als Autorin drei Kochbücher erschienen und zwar: Band 1: Das Koch- und Backbuch meiner Mutter, Band 2: Kuchen und Torten und Band 3: Einkochen, Einlegen und Getränke sowie Gebäck-Kuchen-Konfekt. Durch ihre Rezepte eröffnet die Autorin jedem die Möglichkeit, mit einfachen Mitteln die leckersten Gaumenfreuden auf den Tisch zu zaubern.).

Unter der Anleitung der Hochzeitsköchin wurden alle Vorbereitungen getroffen. Am Sonntag vor der Hochzeit gingen die Brautführer alle Gäste persönlich einladen, sie zeichneten mit Kreide einen Rosmarin aufs Gassentürchen, damit alle Welt sehe, dass die Bewohner diese Hauses zur Hochzeit geladen sind.

Am Hochzeitstag wurde die Braut vom Bräutigam und der Verwandtschaft im Elternhaus abgeholt, der Hochzeitszug begab sich zur Kirche. Nach der Trauung ins Gasthaus oder ins Brauthaus, wo ausgiebig bei Speis und Trank gefeiert wurde. Zu fortgeschrittener Stunde wurden allerlei lustige Scherze aufgeführt, so die "Schnitzelbank", etc. zu Mitternacht wurde der Braut der Kranz abgebunden und ein Kopftuch aufgebunden. Nun ist sie eine Frau. Das Eheleben kann beginnen.

Geburt und Taufe:

Die Geburt eines Kindes war meistens ein freudiges Ereignis in der Familie. Gab es schon kleine Kinder im Hause, so wurden sie auf die Ankunft eines neuen Geschwisterchens spielerisch vorbereitet.

Wünschte man sich einen Stammhalter, so lehrte man die Kleinen, mit Sprüchen ihre Wünsche zu äußern. "Storch, Storch, ruder, bring mir einen Bruder". War ein Mädchen erwünscht, hieß es "Storch, Storch, Nester, bring mir eine kleine Schwester".

Die Geburt fand zu Hause im Beisein einer Hebamme statt.

Die Taufpatin übernahm in den nächsten Tagen die Verpflegung der Wöchnerin, wobei sie ihr täglich kräftige Speisen und eine Flasche Wein von zu Hause mitbrachte, damit die junge Mutter bald wieder zu Kräften kam. Die Taufe fand auch schon in den ersten Tagen statt, da man für den Fall eines plötzlichen Todes verhindern wollte, dass das Kind ungetauft sterbe.

Der Name des Kindes wurde gerne von den Paten oder von den Großeltern genommen, sodass nicht selten in einer Familie mehrere Generationen denselben Taufnamen trugen.

Tod und Begräbnis:

Zu Hause am Land verstarben die Kranken meist im eigenen Haus, denn Krankenhäuser gab es nur in der Stadt. Der Tote wurde meist in der vorderen Stube aufgebahrt, wo rechts und links hohe Kerzenleuchter standen.

Eine Kirchturmglocke verkündete den Tod eines Dorfangehörigen. Nach der Größe der Glocke und den Tonunterbrechungen konnte man heraushören, ob es sich um ein Kind, weiblich oder männlich handelt, einen Jugendlichen oder Erwachsenen. Bei begüterten Verstorbenen wurde Sturm geläutet. Alle Glocken läuteten gleichzeitig. 

 

Bei der Totenwache versammelten sich die Verwandten zum Gebet. War der Verstorbene ein Judgendlicher, war es üblich, dass die Jugendfreunde auch in fröhlicher, keinesfalls aber in ausgelassener Runde an der Totenwache teilnahmen. Man spielte Gesellschaftsspiele und unterhielt sich im Nebenzimmer oder im Hof. Zur Totenwache wurde ein kalter Imbiss angeboten.

Das Begräbnis musste alsbald stattfinden, meistens schon am nächsten Tag, aufgrund der sommerlichen Hitze oder der beengten Wohnräume. Beim Begräbnis versammelten sich Verwandte und Freunde im Haus des Toten, welches mit einer schwarzen Fahne gekennzeichnet war. Der Sarg wurde zugenagelt und von vier kräftigen Männern bis zum Friedhof getragen. Nach der Einsegung wurde das Grab zugeschaufelt. Die Trauerfamilie bedankte sich für die Teilnahme am Begräbnis.

Wie's zu Hause einmal war:

von Eva Frach

Die Donauschwaben waren stets sehr fleißige und strebsame Menschen, sie brachten es in relativ kurzer Zeit zu Wohlstand und Ansehen. Die Deutschen wurden meist von den anderen Volksgruppen darum beneidet, aber nachgeeifert hat ihnen selten jemand. Sie pflegten ihre Häuser, Gärten und Felder vorbildlich, man konnte leicht erkennen, was in wessen Besitz war. 

 

In den meisten Vorhöfen befanden sich schöne Blumengärten, daneben stand das Brunnenhaus, in dem mittels eines Rades oder eines Werfels (Kurbel) die Walze mit dem kräftigen Hanfseil betätigt wurde. Der daran hängende Eimer wurde 15-20 Meter in die Tiefe gelassen, um das frische Wasser für Mensch und Tier zu schöpfen.

Jedes Jahr im Frühling war es, von jüngsten Kindesbeinen an, in unserem Elternhaus die Aufgabe der Kinder, die Einfassung des Blumengärtls, schräg in den Boden gesteckte Backsteinziegel, an der Vorderseite rot und oben weiß anzustreichen, was sich dann sehr schön und gepflegt ausnahm. Im Frühling blühten zuerst die zartrosa Seeveilchen, dann die Stiefmütterchen, die Tulpen und Hyazinthen, dahinter der Goldlack, die Pfingstrosen und Pfingstnelken, den Sommer über zierten Levkojen, Zinnien und bunte Astern den Garten, gegen den Herbst waren es die Dahlien, die Schleierblumen und die Winterrosen, die man für den Grabschmuck benötigte, dazwischen standen Geranien und Eisilgen, je nach Größe des Gartens, auch das fleißige Lieschen durfte nicht fehlen. Der Duft, der beim Blumengießen am angenehmsten auffiel, war der von Basilikum, danach duftete der ganze Hof. Ja, im Hof da fühlte man sich so richtig geborgen und zu Hause.

Die Häuser standen gewöhnlich mit der Giebelseite zur Straße hin, mit der Längsseite entlang des Hofes. Außerdem gehörte die sogenannte Sommerküche dazu, ein kleines separat gebautes Haus mit nur einem Raum, das sich im Hof oder an der hinteren Giebelseite befand.

Über die ganz Länge oder Dreiviertel des Hauses verlief ein vom Hausdach überdeckter Säulengang, der meist so breit war, dass eine ganze Familie zu den Mahlzeiten um den Tisch herum sitzen konnte. Gekocht wurde in der Sommerküche, somit blieb das Wohnhaus schön sauber und kühl. In der warmen Jahreszeit spielte sich also das Leben hauptsächlich auf dem erwähnten Gang ab.

Meine Mutter leistete trotz ihrer Berufstätigkeit als Möbelpoliererin bei der Firma Moor im Haushalt sehr viel. Tüchtig und vielseitig wie sie war, braute sie zum Beispiel selber aus Hopfen, Gerste, Hefe und Wasser Bier. Wenn es lange genug im Keller gelagert hatte und wenn dann beim Essen der Spagat über dem Wachs versiegelten Korken aufgeschnitten wurde, sodass er etwas Luft bekam, dann flog er in hohem Bogen bis hinüber zum Blumengarten, so kräftig schäumte und perlte das edle Getränk, das so manchem Braumeister Ehre gemacht hätte.

Von der Straße her ging ein Gassentürl, ca. einen Meter breit, in den Hof hinein, daneben befand sich ein Tor mit zwei großen Flügeln, so breit, dass ein Pferdefuhrwerk durchfahren konnte, anschließend ein Zaun oder eine Mauer bis zum Nachbarhaus, je nach Breite des Grundstückes. Dort war der Blumengarten angelegt.

Ein Lattenzaun trennte den Vorder- vom Hinterhof, in dem das Geflügel seinen freien Lauf hatte. Dahinter kamen in den richtigen Bauernhäusern die Ställe, je nach Größe und Vermögen des Hauses, der Pferde- und Kuhstall, der Schweinestall und der Wagenschuppen. Anschließend ging man zum Treppplatz (Dritter Hof), wo die Strohtriste (Großer Strohhaufen), der Laubschober und das Heu ihren Platz hatten sowie der Hambar, wo der Mais am Kolben zum Trocknen aufbewahrt wurde und ganz zum Schluss kam der Misthaufen.

Damals gab es noch vier richtige Jahreszeiten, da konnte man schon im März barfuß gehen. Obwohl, ehrlich gesagt, meine Waden bei Nacht unendlich schmerzten, so warm war es gegen Abend, wenn die Sonne unterging, auch nicht mehr, aber Strümpfe anziehen, nein, so verweichlicht zeigte man sich nicht. Und früh ins Bett gehen, nein, das gab es auch nicht. Man konnte sich ja gar nicht satt spielen in den ersten Sonnentagen des Frühlings. Man wusste nicht, was man zuerst machen sollte, ob Tempfelhüpfen, Seilspringen, Fangenspielen oder die verschiedenen Ballspiele. Die Buben spielten außerdem noch mit Murmeln oder beschäftigten sich damit, Reifen zu treiben. Das alles geschah auf der Straße vor den Häusern.

Autos gab es so gut wie keine und wenn schon mal eines fuhr, rannten alle Kinder hinterher, weil es eben Seltenheitswert hatte.

Abends an warmen Sommertagen saßen wir Kinder, Mädchen und Buben gemeinsam, mit Vorliebe am Boden im Gras vor dem Gartenzaun und sangen die schönsten Lieder.

Der Sommer war so heiß, dass die Luft flimmerte, man konnte zur Mittagszeit fast nicht barfuß gehen, weil der Boden und vor allem der Staub so heiß waren. Wenn es regnete, gab's im Nu sehr viel Dreck, da konnten wir Mädchen mit dem frisch entstandenen Lehm so richtig und nach Herzenslust Kuchen backen.

Der Herbst war meist nebelig und noch nicht sehr kalt, aber der Winter, der konnte grimmig sein! Es gab viel Schnee und Eis. Wenn der Wind über die Ebene fegte, konnte es zu mannshohen Schneeverwehungen kommen und das nicht selten. Gegen Anfang Februar, wenn die Sonne schon Kraft hatte, hingen glitzernde Eiszapfen die ganze Länge des Hauses vom Dach herunter, bis zu einem Meter, da wollte jedes Kind an seinem Elternhaus die längsten haben. 

 

Wenn's draußen richtig kalt war, wurde es drinnen erst recht gemütlich. Die Mutter oder die Oma setzte sich gegen Abend, "zwischen Tag und Licht", wie wir sagten, hin und nahm ganz sachte den Zylinder von der Petroleumlampe, hauchte ihn an und polierte ihn mit einem weichen Tuch blank, denn mit Wasser durfte er nicht in Berührung kommen, sonst wäre er beim Anzünden des Lichtes von der Wärme zersprungen. Der Docht wurde täglich mit der Schere gerade geschnitten, damit die Lampe einen schönen Schein gab. Zur damaligen Zeit war noch nicht jedes Haus mit elektrischem Licht ausgestattet, das kam erst später. Im Küchenherd knisterte das Feuer, ab und zu krachte ein Holzscheit, Funken sprühten, bei den Luftlöchern leuchtete es ganz hell heraus. In dieser Zeit spielten wir Schwestern meist Verstecken, auch am Tischkreuz unter dem Tisch war es um diese Zeit immer recht lustig für uns, da konnte man so schön mit den Putzen (Herzstücke der Maiskolben) und Kastanien spielen. Wenn der Mais gerebelt war, wurden die Putzen als Brennmaterial verwendet. Einmal spielten wir mit ihnen Bauernhof, da waren sie unsere Haustiere: Pferde, Kühe, Schweine, ja nach Größe, ein andermal bauten wir Häuser und hohe Gerüste daraus. Man konnte sehr vielseitig damit spielen, sie lagen immer griffbereit in der Kiste unter dem Herd und waren auch gleich wieder aufgeräumt, wenn man des Spielens müde war. Auf Ordnung wurde sehr viel gehalten!

Der große gemauerte Zimmerofen wurde im Winter nur zwei mal täglich beheizt und zwar von der Küche aus. Die Wärme hielt von früh bis abends und von abends bis in der frühmorgens. Er hatte eine Art Kachelofenfunktion. Auch die Stengel vom Mais wurden verbrannt, man sieht, alles wurde nützlich verwendet, nicht wie heute, wo vieles auf dem Feld verhäckselt wird und liegenbleibt. 

 

In diesem Ofen wurde das Brot gebacken, abends gab's besondere Leckerbissen, vor allem im Winter, mal gebratene Äpfel, mal gebratene Kürbisse oder in den Schalen gebratene Kartoffel, die mit Fett beonders gut schmeckten, oder Grumbiraschnitz (Kartoffel) mit Surfleisch darauf und saurem Paprika dazu und so manchen vorzüglichen Kuchen.

Wie beschrieb ein Autor eines Heimatbuches so trefflich die Kochkunst der Donauschwäbischen Hausfrauen, die sehr schmackhafte und abwechslungsreiche Kost auf den Tisch zauberten und dabei doch äußerst sparsam wirtschafteten. Sie konnten aus den vier Grundzutaten – Mehl, Ei, Salz und Wasser – bis zu 18 verschiedene Speisen zubereiten und hatten somit nicht früher als alle drei Wochen die gleiche Speise am Tisch. Aber es gab ja außer diesen noch viele andere Zutaten, von denen sie eine Reihe unterschiedlichster Speisen zubereiteten. So gab es mal Süßes – Mohnnudeln, Grießnudeln, Powidltascherl, mal Deftiges -  Bohnensuppe und Nudeln, kräftiges Kartoffelgulasch mit Löffelknödeln, mal kochte man suppig, mal saftig.  Ein andermal gab's Schmarren mit Kompott oder Salat, dann wieder etwas mit eingelegten sauren Gurken, Tomaten oder Paprika, oder etwas mit Soße, mit Kren und so weiter und so fort.

Wie Kunstwerke zu bewundern war das für den Winter haltbar gemachte Obst und Gemüse, worin die Hausfrauen unermüdlich waren. Da standen die fünf Liter Gläser in Reih und Glied, voll mit sauren Gurken, grünen Tomaten, rote und gelbe Paprika der Sorten Pfefferoni und Schafhorn, dann die mit Kraut gefüllten oder in feine Streifen geschnittenen dicken Paprika und nicht zu vergessen den feinen Öl-Paprika und auch das selbst eingemachte Sauerkraut.

Damit der Vorrat bis zur nächsten Ernte reichte, wurden in einem großen Kessel Tomaten eingekocht sowie auch die Zwetschken zu Marmelade (Beckmes) verkocht.

Der ganze Stolz der Hausfrau war das eingelegte Dunstobst (Kompott) von Kirschen über Weichsel, Aprikosen, Weintrauben bis hin zu Quitten. Es war eine wahre Augenweide, dies zu sehen und vor allem schmeckten diese Köstlichkeiten hervorragend. Ebenso die selbst gemachten Nudeln und Fleckerl. 

 

Wenn wir gegen Abend gemütlich in der warmen Stube beisammen saßen, las uns die Mutter gerne aus dem Missionsblatt vor, die Geschichten vom Reim Michl und Kein Pauli sowie vom Krum Sepp hörten wir besonders gerne. Unser Vater saß da mit Vorliebe auf dem Schemel und wir Kinder setzten uns auf seine Knie und frisierten, nicht müde werdend, sein schönes gewelltes Haar, die Schwester zur rechten und ich zur linken Seite. Manchmal erzählte uns Vater auch die Geschichte von Ali Baba und den vierzig Räubern, die auch sehr spannend war.

An den langen Winterabenden war es Brauch, dass man in der Nachbarschaft Zusammenkünfte pflegte. Maja wurde das genannt. Die Männer spielten Karten, wo es manchmal zünftig herging, die Frauen strickten oder stickten und unterhielten sich dabei, die älteren Frauen saßen am Spinnrad, das nur so surrte.  

 

Wir Kinder durften immer mitgehen, auch dann, wenn eine Oma im Haus war. Da wurde gerätselt, gesungen, gespielt (Blinde Kuh, Verstecken, ...) jeder Abend war zu kurz, man weilte oft täglich in einem anderen Nachbarhaus, es ging immer reihum, so wussten wir genau, in welchem Haus man welches Spiel am besten spielen konnte. 

 

Wenn die Väter des Kartenspielens müde waren, gab der eine oder der andere selbst erlebte oder erfundene Geschichten zum Besten. Es wurde so manche makabre Geschichte erzählt, sodass es bis zum Schluss spannend blieb.

So erzählte der eine, dass eine Kartenpartie gar einmal während der Zeit der Mitternachtsmette Karten spielte, bis der Teufel ans Fenster klopfte. Von da an sollen die Burschen immer zur Mette gegangen sein. Ein anderer erzählte, wie sich zwei Burschen recht mutig und tapfer vorkamen und sich vor gar nichts fürchteten, da wurde der eine im Friedhof in eine offene Gruft geschickt mit Hammer und Nagel in der Hand, wenn er wirklich so tapfer sei, solle er den Nagel in einen Sarg klopfen. Gesagt, getan – er stieg hinab und schlug den Nagel mit lautem Getöse in den Sarg, doch  "au weia" – er konnte nicht mehr weglaufen. Er hatte in der Eile und in der Dunkelheit seinen eigenen Rock angenagelt. Er meinte, die Toten hielten ihn fest und kam fast um vor Schrecken.

Ja solche und andere makabere Geschichten wurden des Öfteren zum Besten gegeben.

Schweineschlachten

von Eva Frach

Am alljährlichen Schlachttag knapp vor Weihnachten war immer der Schweineschlachter bei uns im Haus. Schon am Vorabend wurden Zwiebeln und Knoblauch geschält, die Messer geschliffen, die große Brühmulde hergerichtet mit den eisernen Ketten, um das Schwein in dem heißen Wasser zu wenden. Nach dem Abstechen, wenn das Schwein nicht mehr zuckte, wurde es im heißen Wasser gebrüht. Dieses durfte aber nicht zu heiß sein, sonst wäre die Haut beschädigt worden, die ja letztendlich die Schwarte für den Speck und den Schinken abgab, die für das ganze Jahr gemacht werden mussten. War das Wasser zu kalt, so wurde die Schwarte ganz stoppelig, was auch keine Ehre für den Schlachter war. Also musste so ein nebenberuflicher Schlachter sein ganzes Können unter Beweis stellen. 

 

An diesem Tag durften wir Kinder schon sehr früh aufstehen, um ja bei allen Arbeiten dabei sein zu können, so wurden wir zu Arbeit und Fleiß von jüngsten Kindesbeinen an erzogen.

Es gab viele Handgriffe, die von uns Kindern gemacht werden konnten, wodurch die Eltern entlastet wurden, z. B. das Schneiden von Fettstücken zu Grammeln. Die Dick- und Dünndärme für die Wursthäute mussten mehrmals gewaschen werden, da hieß es immer wieder Wasser nachschütten, das taten die Kinder, denn Wasserleitung gab es damals noch keine.

Alles musste mit größter Reinlichkeit zubereitet werden, denn nur so war die Gewähr gegeben, dass der Vorrat hielt.

Das Quellfleisch wurde vorbereitet für die Leberwürste, der Schwartenmagen eingefüllt und sachte gepresst. Die vier ganzen Schinken und die zwei großen Speckseiten wurden kräftig eingesalzen, mit Knoblauch eingerieben und in ein Surfass gelegt. Nach einer gewissen Zeit kam alles in die Selchkammer zum Räuchern. Mit allen übriggebliebenen Abfällen unter Beimengung von Laugenstein wurde später gute Kernseife selbst gekocht und zum Wäschewaschen verwendet.

Wenn am Abend nach getaner Arbeit die Verwandten zur Wurstsuppe kamen, so nannte man das Essen am Schlachttag, da war alle Mühe des Tages vergessen und man konnte die vielen Köstlichkeiten genießen. Zum Schluss gab es Krapfen und Schmerkipfel.

Am selben Abend wurde der Namenstag von Oma und mir gefeiert, es war ja ein Tag vor Adam und Eva. Bei uns daheim wurde generell der Namenstag gefeiert, zum Geburtstag wurde wohl gratuliert, aber nicht gefeiert.

Beim Schweineschlachten berechnete man den Bedarf einer Familie so: Pro Person ein Schwein (mit rund 100 Kilo), pro zwei Kinder ein Schwein, das waren in unserer Familie vier Schweine pro Jahr, die wir selbst gefüttert haben. So wurden zweimal zwei Schweine geschlachtet. Einmal um den 11. November und einmal eben vor Weihnachten.

Dazwischen gab es Geflügel vom eigenen Hof, wir hatten Hühner und Gänse, die Gänse allein schon wegen der guten Federn für die Aussteuer der beiden heranwachsenden Töchter, Hühnerfedern wurden nie verwendet. In anderen Häusern gab es Hühner und Enten oder Puten, das war von Haus zu Haus verschieden. Dass man die kleinen Küken, Gänschen selber heranzog, war selbstverständlich. Ein Nest mit 21 Hühnereiern wurde hergerichtet, worauf sich eine brütende Glucke setzte und innerhalb dreier Wochen schlüpften die ersten goldgelben Küken. Dasselbe geschah bei den Gänsen. Meine Mutter beauftragte mich einmal, auf ein verspätetes Gänschen zu achten, wenn es schlüpfte. Vor lauter Spielen vergaß ich den Auftrag, bloß als ich in den Hinterhof kam, wunderte ich mich sehr, dass da ein kleines Gänschen im Ententeich schwamm. Ich schaute nach und siehe da, es war das letzte Gänschen vom dreizehnten Ei.

Zu den großen Feiertagen wurde frisches Rind-, Schweine- oder Kalbfleisch auch beim Metzger gekauft, je nach Bedarf und Brieftasche.

Obwohl ich ein Kind aus einer Arbeiterfamilie war und meine Eltern von ihrer Hände Arbeit lebten, hatten wir mit ihrem Einkommen ein gutes Auskommen.

Die großen Gemüsegärten, die zum Haus gehörten, brachten das Gemüse, welches man für das ganze Jahr benötigte und Futter für die Haustiere und zwar Kartoffel, Kraut, Rüben, Tomaten und Paprika, Zwiebel, Knoblauch, Karotten und Petersilie, Pastinaken, Sellerie sowie auch Erbsen, Bohnen , Gurken, Kürbisse und rote Rübe, so dass man an nichts einen Mangel hatte. 

 

Obwohl meine beiden Elternteile meistens in Betrieben arbeiteten, erinnere ich mich, dass sie jedes Jahr gemeinsam in den Weizenschnitt gingen, um das Brot für's ganze Jahr zu verdienen, im Herbst gingen sie eine Woche Mais brechen und Laub schneiden, auch wieder, um das Futter für die Tiere und das Brennmaterial für den ganzen Winter zu verdienen. Für diese Arbeit bekamen sie kein Geld, sondern eben Naturalien.

Das funktionierte wunderbar und wiederholte sich alle Jahre.

So verbrachte ich meine Kinderzeit in Geborgenheit und Freude und ausgefüllt mit interessanten Erlebnissen. 

Am Pijaz (Markt)

von Eva Frach

Der Pijaz war am Hauptplatz, oder besser gesagt, an der großen Kreuzung in der Mitte von India. Von dort führte die Straße nach Osten an die Donau nach Slankamen, nach Westen nach Putinzi und Ruma und die Hauptstraße in nördlicher Richtung nach Neusatz (Novi Sad 50 km) und im Süden nach Semlin und Belgrad (40 km). Das war zur damaligen Zeit eine Hauptverkehrsstraße zwischen Wien, Belgrad und Konstantinopel in der Türkei. Sie war sehr breit angelegt und mit Kopfsteinpflaster gepflastert und hieß "Nationalstraße".

Der Pijaz war der Treffpunkt von India, gleich zu welcher Tages- oder Jahreszeit. Dort befand sich die Trafik Kühner, wo man damals schon Zeitungen und Illustrierte in mehreren Sprachen erhielt, sowie Tabakwaren aller Art und Briefmarken, dicht daneben stand das Gasthaus Kolb, das Nobelgasthaus von India. 

 

Große Kastanienbäume, deren Blütenpracht ich im Frühling jedes Mal bewunderte, säumten den breiten asphaltierten Gehsteig und waren ideale Schattenspender für die darunter befindlichen Obst- und Gemüsestände.

Zweimal die Woche, am Mittwoch und am Samstag war großer Wochenmarkt, alle anderen Tage waren nur die gewissen Stände da: Quer zur Hauptgasse an der Ecke war's der Becker mit frischem Brot, Semmeln und Kipfeln, daneben der Sladoled-Mann, der Eis verkaufte, der durfte in der warmen Jahreszeit nicht fehlen, Richtung Kirche stand die alte Bayern mit ihrem Obst und dem Bonbonwägelchen, daneben die Eichinger Ev-Bäsel, also meine Großmutter, mit Obst und Gemüse, dann kam die Rosi-Neni mit dem roten Paprika, sie hatte süßen und scharfen, hellen und dunklen Paprika feilzubieten. Es folgte der Iwan mit Obst und Gemüse, aber auch mit einer großen Vitrine voller Süßigkeiten, wo ich einmal das Glück hatte, mit nur einem Los eine riesige Tafel Schokolade zu gewinnen und das war für mich kleines Mädel so viel wie das große Los. In besagter Vitrine befanden sich wirklich sehr erlesene Dinge. Ich muss es ja wissen, war ich doch sehr oft und lange auf dem Pijaz, wenn meine Schwester Wawi in der Schule saß, die Mutter in der Möbelfabrik Moor und der Vater in der Mühle arbeiteten . Da also hielt ich mich meist bei der Eichinger Oma am Pijaz auf.

An den großen Markttagen kamen "richtige Bulgaren" – sie boten nur Gemüse an – mit ihren riesigen Wagen angefahren. Sie hatten wunderschönes, frisches Gemüse, Berge von Auberginen, Blumenkohl, Tomaten, Paprika und vieles mehr, alles schön aufgetürmt und wenn der Markt zu Ende war, hatten sie meist alles verkauft.

Die Zeit der Melonen , Trauben, Pfirsiche, Tomaten und Paprika war eine besonders laute Zeit auf dem Markt. Da riefen alle Händler, die mit ihren Pferdewagen von auswärts gekommen waren, durcheinander: "Eite! Ljubenice! Groschdsche! Padlidschana!" ("Kommt her! – Melonen! Trauben! Tomaten!") und wie sie alle hießen, immer in serbischer Sprache. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite standen die Pferdewagen mit den Donaufischen – auch solche gab es ganz frisch und noch lebend zu kaufen. Ja, ja, es rührte sich was am Indiaer Wochenmarkt, es herrschte ein rechtes Getümmel.

Im Frühling war es besonders interessant, wenn die Frauen ganz verschiedene selbstgezogene Sämereien anboten – da roch es dann so derbwürzig. Sie standen in Reihen dicht neben der Straße, ihre Leinensäckchen hatten sie geöffnet am Boden vor sich stehen, den Rand umgestülpt, sodass man die verschiedenen Farben und Sorten gut erkennen konnte: weiße, braune, schwefelgelbe und bunt gescheckte Bohnen, grüne und gelbe Erbsen, schwarzen Mohn; der Rote-Rüben-Samen war ganz runzelig, der vom Spinat hingegen glatt und rund, der vom Dill – Gaper nannten wir ihn – und von den Pastinaken war wie plattgedrückt. Nur den von der Petersilie und den Karotten konnte ich als Kind nich auseinanderhalten, habe es aber inzwischen gelernt.

Der schönste Stand war für mich der mit den bunten Lebzelten mit seinem herrlich süßen Duft. Wenn meine Mutter Zeit hatte, auf den Markt zu gehen, kaufte sie uns meistens ein "Marktstückl", wie man daheim sagte. Meine Schwester bekam immer eine Lebzeltpuppe und ich ein Pferdchen, Hitschl, wie wir sagten, die beide ganz bunt und wunderschön verziert waren.

Manchmal konnte man auf dem Markt auch den guten Kalichzucker (Türkischer Honig) kaufen. In ganz besonderer Erinnerung ist mir der "Bärendreck", der aromatische schwarze Zucker. Den gab's beim Schwarzen Peter. Als Kind glaubte ich immer, der habe etwas mit dem Schwarzen Peter aus dem Kartenspiel zu tun, wurde aber, als ich größer war, eines besseren belehrt: Schwarz Peter, das sei ein Name, wie jeder andere auch, so wurde ich um eine Kinderillusion ärmer.

Auch der Herbst machte den Pijaz für mich zu einem lieben Aufenthalt, fielen doch die reifen Kastanien wie die Sterntaler vom Himmel. Ich wurde nicht müde, sie einzusammeln und mit ihnen zu spielen. Ab und zu fiel mir nicht nur eine reife Kastanie, sondern auch so manch ungeöffneter Stern auf den Kopf, was ganz schön weh tat, aber die reiche Fülle beglückte mich so sehr, dass der Schmerz bald vergessen war.

Wenn die kalte Jahreszeit kam, zog ein Duft von heißen Maroni über den Pijaz. Auch Feigen, Nüsse und gedörrte Zwetschken für den Nikolo gab es zu kaufen. So hatte auf dem Indiaer Pijaz jede Jahreszeit ihre Besonderheiten, ihre Farben, Formen, Düfte und Gerüche.